Es ist kein Rot-Grüner Dissens zur erkennen
„Die neuerliche Diskussion um die Namensgebung der Karl-Branner-Brücke belastet die Rot-Grüne Rathauskooperation nicht“, mit diesen Worten kommentiert Dr. Günther Schnell die Berichterstattung der vergangenen Tage. In der Stadtverordnetenversammlung am 20.07.2015 entschied die Kasseler Stadtverordneten mehrheitlich auf der Grundlage eines Antrages der SPD-Fraktion, wie mit den Erkenntnissen der von der Stadt Kassel beauftragten Studie umgegangen werden solle.
Schon damals war klar, dass es bei diesem sensiblen Thema keine politische Entscheidung geben werde. „Damals wie heute ist unser Standpunkt, dass die Entscheidung mit den Umgang der Vergangenheiten der drei ehemaligen Oberbürgermeister, keine Kooperationsfrage ist“, so Dr. Schnell weiter. Auch innerhalb der SPD-Fraktion gab es Stimmen, für eine Umbenennung der Brücke. „Deshalb wäre es falsch, heute so zu tun, als wenn es sich um eine SPD Meinung handeln würde“, erklärt der Fraktionsvorsitzende der SPD.
Die SPD-Fraktion formulierte ihren Antrag für die Stadtverordnetenversammlung nach einem öffentlichen und breit geführten Diskurs. „Auch heute kann man nicht so tun, als gäbe es in der Stadt eine hundertprozentige Zustimmung für die Umbenennung“, hält Schnell in diesem Zuge fest. Vielmehr sei deutlich geworden, dass ein Großteil der Menschen, mit denen die SPD diskutierte einen kritischen Umgang mit den Erkenntnissen forderte. „Dies kann dann nicht bedeuten, dass es zu einer kompletten Tilgung der Namen kommen kann. Vielmehr muss man sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen und auch anerkennen, dass Menschen aus Fehlern lernen können“, sagt Schnell. Die Studie kommt inhaltlich zu einem ähnlichen Schluss. Hier wird festgehalten, dass an der Spitze der Stadt Kassel zwischen 1963 und 1975 kein Nationalsozialist stand, sondern ein ehemaliger Nationalsozialist, der sich in längeren Anpassungs-, Wandlungs- und Lernprozessen zum Demokraten entwickelt hatte. Gerade diese Erkenntnis rechtfertig nach Meinung des Fraktionsvorsitzenden Schnell, dass man an der Benennung festhält und mit Hilfe der Tafel, den Nachgeborenen erklärt, aus welchen Widersprüchen heraus, sich unsere standhafte Demokratie entwickelt hat. „Die Erkenntnis, dass es sich bei den drei Oberbürgermeistern, um drei deutsche Normalbiografien handelte, ist zwar sehr schmerzlich für jeden Demokraten, aber sie gehört zur Wirklichkeit des 20. Jahrhunderts“, mit diesen Worten ergänzt Schnell eine zentrale Erkenntnis der Studie.
Zur Kritik der Ortsbeiräte sagt Schnell, dass sie sich zu jeder Zeit in die Diskussion hätten einbringen können. Weder aus der Unterneustadt, noch aus dem Ortsbeirat Mitte gab es einen Beitrag zur Diskussion. „Hier hätte ich mir gewünscht, dass sich die Ortsbeiräte frühzeitig in die Diskussion eingeschaltet hätten“, erklärt Schnell zum kürzlich gefassten Entschluss der beiden Ortsbeiräte. „Der SPD-Fraktion ist die Arbeit der Ortsbeiräte wichtig und dies ist kein beliebiges Lippenbekenntnis, aber es erzeugt schon ein fragwürdiges Bild in der Öffentlichkeit, wenn über einen gefassten Beschluss so lang abgestimmt werden soll, bis alle Kritiker zufrieden sind“, sagt Schnell abschließend.