„FDP und Grüne leiden offensichtlich unter politischem Gedächtnisschwund und zeigen wenig Verlässlichkeit“, kommentiert der SPD-Stadtverordnete Wolfgang Decker die Ablehnung des SPD-Antrags zum Lärmschutz an den Kasseler Autobahnabschnitten durch die Jamaika-Koalition. In der Stadtverordnetenversammlung am 24. Juni 2024 hatte Jamaika stattdessen einen eigenen Antrag zur Abstimmung gebracht – „weitgehend von uns abgeschrieben, aber ohne konkrete Forderungen wie z.B. nach einem Tempolimit“, erklärt Dieter Seidel, der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion.

Wolfgang Decker erinnerte an einen gemeinsamen Beschluss aus dem Jahr 2019: „Damals haben sich auch Grüne und FDP der Forderung nach einem nächtlichen Tempolimit auf der A44 und der A49 angeschlossen. Aber offenbar wollen sie heute nicht mehr zu ihrem Wort stehen. Das ist schlicht und einfach unzuverlässig.“

Den Grund vermuten Seidel und Decker in der Wahrung des Koalitionsfriedens – der bereits aufgrund innerstädtischer Forderungen nach nächtlichen Tempolimits bröckelt. „Um den Frieden zu wahren setzt Jamaika im eigenen Antrag auf reine Lippenbekenntnisse und leere Solidaritätsschwüre“, kritisiert Dieter Seidel. „Das ist inkonsequent und lässt die lärmgeplagten Anwohnerinnen und Anwohner im Stich. Dabei braucht es dringend Maßnahmen, die schnell greifen und den Lärm merklich reduzieren.“

Unsere stellvertretende Fraktionsvorsitzende Esther Kalveram bekräftigt: „In Kassel leben viele Menschen in der Nähe von Autobahnen – sei es die A49, A44 oder die A7. Von dementsprechend vielen Betroffenen reden wir hier. Es ist daher dringend notwendig, dass sich die Stadt mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln für diese Menschen einsetzt. Immerhin geht es um die Gesundheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger.“

Am 26. Juni informierte die Autobahngesellschaft endlich über den Planungs- und Ausbaustand der A49/A44 und der Berghäuser Brücke bzw. über deren Ersatzbau. „Die Einschätzungen der Autobahngesellschaft zur Verkehrs- und Lärmbelästigung stellten sich aber als äußerst optimistisch heraus und die Lärmsituation an der A7 war leider gar kein Thema“, kommentiert Dieter Seidel. „Auch die Berghäuser-Brücke ist und bleibt ein hohes Risiko.“

Als „absolut verwunderlich“ bezeichnet unser Fachsprecher Dieter Seidel auch die Antwort von OB Schoeller auf die Frage, wieso die Jamaika-Koalition gegen ein Tempolimit sei. „Er, Schoeller, sei für ein Tempolimit zugunsten der Lärmreduzierung“, berichtet Seidel. „Was denn nun? Das passt kaum zur Blockadehaltung der Koalition bei der vergangenen Stadtverordnetenversammlung. Langsam oder sicher muss man den Eindruck gewinnen, dass die Kasseler Bürgerinnen und Bürger hier verschaukelt werden.“

„Wir sind enttäuscht, dass die Kasseler Bürger*innen bei der Wahl eines Standorts für das documenta Zentrum nicht ernst genommen und die Ergebnisse der Bürger*innenbeteiligung ignoriert werden“, kritisiert Ramona Kopec, die kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion. Die Fraktion hatte eine Anfrage zum Stand des documenta Zentrums im Kulturausschuss am 25.06.2024 gestellt.

„Die Standortfrage ist nach wie vor ungeklärt. Dabei wurden bereits zwei Standorte bei einer Befragung von den Kasseler Bürger*innen favorisiert“, ärgert sich Kopec. Der Magistrat hält jedoch beide Orte für ungeeignet. Das Ruru-Haus sei aus statischen Gründen ungeeignet und der Papinplatz am Ottoneum sei zwar grundsätzlich geeignet, der Magistrat empfindet die Lage jedoch als nicht zentral genug. Im Kulturausschuss berichtete der Oberbürgermeister, dass andere Standorte geprüft würden. Welche das seien, blieb unklar.

„Erfreulich ist jedoch, dass gemeinsam mit Timon Gremmels, dem Minister für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, bereits intensiv an einer Lösung gearbeitet wird und bereits eine Finanzierungsbeteiligung des Landes Hessen in Aussicht gestellt wurde. Auch die städtischen Mittel werden weiterhin bereitgestellt“, lobt Kopec. Nun müsse jedoch schnell ein geeigneter Ort gefunden werden, denn auch die Finanzbeteiligung des Bundes sei vom Standort abhängig, hieß es im Ausschuss.

„Nicht nur für die Bürger*innen wäre Klarheit wichtig, auch die Angestellten des documenta Instituts bleiben wohl noch einige Zeit ohne Standort, da nicht klar ist, wann das documenta Zentrum verwirklicht werden kann“, so Kopec. „Ob ein Zentrum zur nächsten documenta realisierbar ist, steht leider in den Sternen.“

„Mit der Ablehnung unseres Antrags „Sauber von Anfang an“ hat die Koalition auch den Ausbau der Vorreiterrolle der Stadt Kassel im Bereich der Nachhaltigkeit und der sozialen Unterstützung abgelehnt,“ erklärt die SPD-Stadtverordnete Ramona Kopec. In dem Antrag forderte die SPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung eine Erweiterung des Angebots „Willkommen von Anfang an“ um zwei zentrale Punkte: zu einen die Unterstützung für den Kauf von Mehrwegwindeln – dabei sollen Familien mit Wohnsitz in Kassel in den ersten drei Lebensjahren jährlich einen festen Betrag für die Erstinvestition in Mehrwegwindeln erhalten. Der Kauf muss per Rechnung nachgewiesen werden. Zum anderen Müllsäcke für die Entsorgung von Einwegwindeln: Eltern mit Kindern bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres sollen pro Kind und Monat einen kostenlosen Abfallsack erhalten, der für die Entsorgung von Einwegwindeln genutzt werden kann. Die Eltern sollen sich dabei für die eine oder die andere Variante entscheiden.

„Wer zusätzlich zum alltäglichen Hausmüll auch gebrauchte Windeln entsorgen muss, stößt schnell an die Grenze des Füllvermögens einer üblichen Restmülltonne“, berichtet Kopec, die selbst Mutter ist. Die kostenlose Bereitstellung von Abfallsäcken für Windeln kann als Maßnahme der sozialen Gerechtigkeit betrachtet werden, um sicherzustellen, dass alle Familien, unabhängig von ihrem Einkommen, Zugang zu den notwendigen Mitteln für eine sichere und hygienische Entsorgung haben.

„Für viele Familien stellen die Anschaffungskosten von Stoffwindeln eine erhebliche finanzielle Belastung dar, obwohl sie sich langfristig als kostengünstiger erweisen,“ erläutert Kopec. „Durch eine städtische Förderung möchten wir sicherstellen, dass alle Familien unabhängig von ihrem Einkommen Zugang zu dieser nachhaltigen und wirtschaftlichen Alternative haben. So schaffen wir gleiche Startbedingungen für alle Kinder und unterstützen Familien in unserer Stadt.“

Kopec betont auch die ökologischen Vorteile: „Ein Kind benötigt in den ersten Lebensjahren mehrere tausend Wegwerfwindeln, die Jahrzehnte brauchen, um zu verrotten. Stoffwindeln hingegen sind wiederverwendbar und können nach ihrer Nutzung weitergegeben werden. Jedes Baby produziert in den ersten zwei bis drei Jahren seines Lebens ca. 1.100 kg Abfall durch Einwegwindeln. Mit der Förderung von Mehrwegwindeln und der Bereitstellung von Abfallsäcken können wir die Abfallmengen erheblich reduzieren und die Umwelt schonen.“

„Andere Städte haben ein solches Programm bereits erfolgreich erprobt – z.B. Marburg. Die Koalition sollte mal über den eigenen Tellerrand schauen“, empfiehlt Kopec.

„Die SPD-Fraktion begrüßt eine Wohnbebauung für Auszubildende und Studierende an dieser Stelle, aber die entstehenden Wohnungen müssen dann auch zu bezahlbaren Preisen angeboten werden,“ erklärt Mario Lang, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. In diesem Sinne hat die SPD-Fraktion einen Änderungsantrag zur Magistratsvorlage „Weserstraße 2B“ eingebracht, der eine Reihe von Maßnahmen vorsieht, um bezahlbaren Wohnraum für Auszubildende, Studierende, sowie für Familien zu gewährleisten.

Die Jamaika-Koalition hat den Änderungsantrag der SPD-Fraktion abgelehnt. „Mit ihrem maximalen Entgegenkommen zeigt die Jamaika-Koalition erneut, dass sie einseitig auf der Seite der Investoren steht und nicht auf der Seite der Bürgerinnen und Bürger Kassels, die dringend bezahlbaren Wohnraum benötigen (siehe Wäschereiquartier),“ kritisiert Mario Lang.

Der Änderungsantrag der SPD-Fraktion sieht vor, dass der sich Bauherr bzw. die zukünftige Eigentümerin verpflichtet, die Wohnungen in erster Linie und dauerhaft an Auszubildende und Studierende vermieten, und das zu sozial verträglichen Preisen. Zusätzlich wird der Bauherr verpflichtet, bei mindestens 30 % der Flächen als Familienwohnungen anzubieten und so die Sozialwohnungsquote einzuhalten, die in der Stadt längst beschlossene Grundlage ist. Diese Verpflichtungen sollten in die Vertragsgestaltung aufgenommen werden.

Ein weiterer Punkt betrifft die gestalterische Planung und Ausführung des Projekts. Es muss sichergestellt werden, dass die beiden oberen Geschosse als umlaufende Staffelgeschosse ausgeführt werden, um eine harmonische und stadtbildgerechte Architektur zu gewährleisten, wie auch einen Übergang zu der heterogenen Bebauung des Wesertors zu ermöglichen.

„Wir werden weiterhin dafür kämpfen, dass neuer Wohnraum nicht nur gebaut, sondern auch zu sozialverträglichen Preisen angeboten wird,“ betont Mario Lang. „Unsere Stadt braucht eine Wohnraumstrategie, die alle Bürgerinnen und Bürger berücksichtigt und nicht nur die Interessen von Investoren in den Vordergrund der Beschlüsse stellt.“

„Der Zugang zu sauberem Trinkwasser ist ein Grundrecht und darf nicht vom Einkommen abhängen“, findet Sabine Wurst, die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion in der Kasseler Stadtverordnetenversammlung. In einem neuen Beschlussvorschlag fordert die SPD-Fraktion den Magistrat auf, gemäß der Richtlinie (EU) 2020/2184 Maßnahmen zu ergreifen, um Trinkwasser für alle Kasseler Bürger*innen zugänglicher zu machen.

Der Vorschlag umfasst die Installation öffentlicher Trinkwasserbrunnen in stark frequentierten Bereichen, inklusive einer regelmäßigen Überprüfung und Wartung. Außerdem sieht er eine bessere Erreichbarkeit bestehender Trinkwasserquellen in öffentlichen Gebäuden vor. Darüber hinaus fordert die SPD-Fraktion Informationskampagnen über die Standorte der Wasserspender und die Vorteile von Leitungswasser – sowie die Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen zur Aufklärung über die Bedeutung von sauberem Trinkwasser.

Sabine Wurst sieht in dem Vorschlag gleich mehrere Vorteile: „Diese Maßnahmen verbessern die Lebensqualität und Gesundheit der Menschen in Kassel und tragen zur Reduzierung von Einwegplastikflaschen bei. Der Zugang zu kostenlosem Trinkwasser im öffentlichen Raum ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Nachhaltigkeit.“

Mit dem Beschlussvorschlag beauftragt die SPD-Fraktion den Magistrat damit, einen detaillierten Umsetzungsplan vorzulegen, der einen Zeitplan sowie die benötigten finanziellen und personellen Ressourcen für die geplanten Maßnahmen umfasst.