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Wahl der Dezernenten am 18.09.2023 – SPD-Fraktion begründet klare Ablehnung

„Gute Vorsätze und Visionen reichen leider nicht aus“, erklärt die SPD-Fraktionsvorsitzende Anke Bergmann. In der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 18. September 2023 wurden die Dezernent*innen für verschiedene Ressorts gewählt. „Einige Kandidat*innen haben in ihren Vorstellungsreden zwar gute Ansätze und Visionen formuliert, ich bezweifle jedoch, dass diese mit der Jamaika-Koalition umsetzbar sind.“

Bürgermeisterinnenwahl: Jamaika-Koalition blockiert Schulpolitik

In der Debatte zur Wahl der Bürgermeisterin machte Bergmann ihre Bedenken deutlich: „Zu meinen, als Bürgermeisterin den Bereich zu stärken, indem man ihn zur Chefinnensache erklärt, reicht nicht aus. Wenn Jamaika alle Initiativen und Anträge für gute Bildung und Kinder- und Jugendhilfe blockiert, dann hat auch eine engagierte Dezernentin nur beschränkte Handlungsmöglichkeiten“, so Bergmann, die auch schulpolitische Sprecherin ist. Besonders in Zeiten der Coronakrise und steigenden Herausforderungen im Bildungsbereich erwartet die SPD-Fraktion eine stärkere Initiative. Bergmann fordert deshalb einen deutlichen Ausbau der Kinder und Jugendarbeit: „Wir dürfen keine Zeit verlieren. Die Jugendzentren müssen gestärkt, die Schulvermeidung reduziert, und die Kita- und Schulsozialarbeit sowie das Angebot von Beratungsstellen weiter ausgebaut werden.“

Die SPD-Fraktion monierte auch das fehlende klare Bekenntnis zur Schulpolitik seitens Jamaikas. Die dringend notwendigen Schulbausanierungen und der Bedarf an neuen Schulen werden vernachlässigt. „In Hessen hat Kassel mit 19 % die höchste Quote von Jugendlichen ohne Ausbildung und trotz dieser alarmierenden Situation sieht Jamaika keinen Handlungsbedarf“, bemängelt Bergmann und fährt fort: „Mit der Ablehnung der Jugendberufsagentur, als Anlaufstelle für Jugendliche, verkennt Jamaika den Ernst der Lage. Die Stadt muss dringend Maßnahmen ergreifen, um jungen Menschen bessere Perspektiven zu bieten.“

Ordnungsdezernentenwahl: Kritik an möglichen Schnellschüssen

„Dirk Stochla hinterlässt große Fußstapfen, welche nur schwer zu füllen sind“, würdigte der Stadtverordnete Wolfgang Decker den scheidenden Ordnungsdezernenten Dirk Stochla. Decker hob dessen Erfahrung und politisches Fingerspitzengefühl hervor.

In Bezug auf die Wahl des Ordnungsdezernenten Heiko Lehmkuhl äußerte Decker Zweifel an einer raschen Umsetzung der angekündigten Maßnahmen zur Einführung einer Waffenverbotszone und Ausweitung der Videoüberwachung. „Solche Maßnahmen bedürfen in enger Abstimmung mit der Polizei zunächst immer sorgfältiger Vorarbeiten und genauer Erhebungen über stattgefundene Straftaten. Rechtssicherheit hat Vorrang vor unüberlegten Schnellschüssen“, mahnte Decker.

Kritik an der Wahl des Kämmerers

„Für die SPD-Fraktion liegt die Befürchtung nahe, dass ein FDP-Kämmerer, welcher Christian Lindner als Vorbild nennt, große Einsparungen im Bereich Soziales vornehmen wird“, kritisierte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Dr. Ron-Hendrik Hechelmann den Kandidaten der FDP-Fraktion für die Wahl zum Kämmerer. Darüber hinaus wies Hechelmann Nölke auf seine Doppelmoral hin. Dieser hatte 2022 beim Abgang von Ulrike Gote vorgeschlagen, die Chance zu nutzen und den Magistrat aus Kostengründen auf 5 Stellen zu reduzieren: „Wie können Sie die Berufung in einen 6-köpfigen Magistrat mit ihrer Aussage von damals vereinbaren?“

Hechelmann kritisierte auch Nölkes Vorstellungsrede: „Ich hätte heute erwartet, dass sie eine Vorstellung davon haben, wie ein kommunaler Haushalt in den nächsten Jahren aussehen soll und wie ihr viel beschworener Nachhaltigkeitshaushalt aussehen soll.”

Wahl der Klimastadtbaurätin: Sorgen um Wohnungspolitik

Die Vorstellung der neuen Klimastadtbaurätin Simone Fedderke ließ die SPD-Fraktion wundern, ob diese tatsächlich von Kassel spreche, als diese erklärte, dass man in Kassel noch günstig leben könne. SPD-Fraktionsvorsitzende Bergmann betonte in ihrer Rede die Notwendigkeit von bezahlbarem Wohnraum und einer ganzheitlichen Verkehrspolitik, die alle Verkehrsteilnehmenden berücksichtige. „Für die SPD war eine sozial verträgliche Wohnungspolitik immer die oberste Priorität. Insbesondere die Schaffung von neuen Sozialwohnungen. Wohnen muss sich jede und jeder leisten können. Da reicht der Hinweis auf die Erarbeitung eines Mietspiegels bei Weitem nicht aus“, so Bergmann, „die SPD-Fraktion zweifelt weniger an der Qualifikation Fedderkes, sondern vielmehr an der Möglichkeit, ihre Vorstellungen und Ideen in einer konservativen Jamaika-Koaltion umzusetzen.“ Deswegen sei auch diese Kandidatin für die SPD nicht wählbar.

Wahl des Sozialdezernenten: Sozialpolitik muss besonderen Stellenwert haben

„Bei allem Respekt für die Fähigkeiten des Kandidaten reichen die Erfahrungen im Zivildienst nicht aus, als Begründung dafür, der richtige Kandidat für das Amt des Sozialdezernenten zu sein“, zeigte sich die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Esther Kalveram verwundert über die Vorstellung von Dr. Norbert Wett. Die Messlatte sei im Blick auf die ausscheidende Ilona Friedrich mehr als hoch, so die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Kalveram. „Ilona Friedrich hat in der Vergangenheit bundesweit beachtete Projekte wie den „Pakt gegen Armut“ und „Sozialwirtschaft integriert“ auf den Weg gebracht. Durch ihre überregionale Vernetzung und umfangreiche berufliche Erfahrung hat sie eindrucksvoll bewiesen, wie soziale Politik für die Menschen gemacht werden muss“, sagt Kalveram.

Für die Jamaika-Koalition scheint das Soziale lediglich ein Punkt unter vielen zu sein, zeigte sich Kalveram verwundert, da nun auch Tourismus und Digitalisierung Aufgabe des Dezernenten seien. „Zum Wohle der Stadt werden wir Arbeit des neuen Sozialdezernenten zwar kritisch, aber stets konstruktiv begleiten“, fügt Kalveram hinzu.

Fazit: SPD-Fraktion lehnt Jamaika-Magistrat ab

Zusammenfassend erklärt die SPD-Fraktion, dass sie ihre Stimmen nicht für einen Jamaika-Magistrat geben konnte. „Die Fraktion sieht eine Vielzahl von offenen Fragen und erwartet innovative und zielführende Lösungen. Wir vermissen die soziale Ausrichtung in der Stadtpolitik, die Lösungen für die Probleme der Menschen anbietet“, sagt Bergmann abschließend.